Wird bei einem Kind Krebs festgestellt, so löst diese Diagnose bei der ganzen Familie Angst, Sorgen und Verunsicherung aus, alle Familienangehörige stehen regelrecht unter Schock. Nicht nur für das kranke Kind und seine Eltern wird sich das Leben künftig vollkommen verändern, sondern auch seine Geschwister sind von den Veränderungen betroffen, denn die schwere Krankheit steht von nun an im Vordergrund und bestimmt den Alltag der ganzen Familie. Der Krankenhausaufenthalt, die vielleicht unumgängliche Operation und Chemo-Therapie,… sowie die Ängste und Sorgen führen zu einer erheblichen Belastung für die gesamte Familie.
Geschwister krebskranker und schwer kranker Kinder
Von einem Kinderonkologen und seinem Team, sowie einem Psychologen, wurde unlängst eine kleine Studie durchgeführt, wie Geschwister krebskranker Kinder die schwere Krankheit ihres Bruders oder ihrer Schwester miterleben und verarbeiten. Es handelte sich bei den Geschwisterkindern um durchschnittlich neun- bis zehnjährige Kinder. Die durchgeführte Untersuchung zeigte, dass Geschwister eines an Krebs erkrankten Kindes mehr psychisch belastet sind, als nach außen zu erkennen ist. Bei Beginn der schweren Krankheit sind sie seelisch ziemlich angespannt und leisten Erhebliches, um mit der schwierigen Situation klar zu kommen und im Alltag zu funktionieren. Am liebsten würden sie ihre Eltern und Geschwister vor allem Unheil beschützen. Doch mit der Zeit passen sich die Kinder den neuen Lebensumständen an, auch wenn sie emotional extrem darunter leiden.
Was heißt es für gesunde Geschwister, wenn der Bruder oder die Schwester Krebs hat?
Manchmal führt das Gefühlchaos sogar soweit, dass gesunde Geschwisterkinder neidisch sind auf ihren kranken Bruder oder ihre kranke Schwester und sich in manchen Momenten wünschen, an dessen Stelle zu sein. Im gleichen Augenblick schämen sie sich dann wieder dafür. Solche Gedanken lassen erkennen, dass Geschwister von schwerkranken Kindern enorm unter diesem extrem schwierigen krankheitsbedingten familiären Zustand leiden, obwohl sie selbst eigentlich gesund sind. Von dem, was in ihrer Kinderseele vor sich geht, dringt nur ganz wenig nach außen, die Kinder sind eher verschlossen und versuchen mit ihren Gedanken, Sorgen und Problemen selbst klar zu kommen.
Bei einigen Geschwisterkindern macht sich dennoch am Verhalten bemerkbar, dass sie nicht ausgeglichen und unbekümmert sind, sondern dass sie bedrückt sind und innerlich leiden. Entweder sie sind frecher als bisher oder sie werden immer anhänglicher und zurückhaltender. Da die Eltern in dieser schwierigen Lebenslage oftmals selbst total überfordert sind und in ihrer derzeitigen Stresssituation ihren gesunden Kindern nicht genügend Aufmerksamkeit geben können, reagieren sie häufig gar nicht auf die Veränderungen bei jedem Kind.
Eigentlich verstehen Geschwister ja auch, dass sich ihre Eltern eben mehr um ihren krebskranken Bruder bzw. ihre schwer kranke Schwester kümmern müssen, doch bleibt es nicht aus, dass sie trotzdem eifersüchtig darauf reagieren, denn sie fühlen sich trotz allem Verständnis zurückgesetzt, mit ihren Sorgen und Nöten allein gelassen und manchmal sogar ungeliebt. Letztendlich sind alle Familienangehörige in einem Zwiespalt und haben irgendwelche Schuldgefühle, die Kinder gegenüber ihrem kranken Geschwisterkind, weil sie es trotz seiner schweren Krankheit um die Zuneigung der Eltern beneiden und die Eltern gegenüber den gesunden Kindern, weil sie ihnen in ihrer augenblicklichen Lage nicht genug Aufmerksamkeit geben können.
Geschwister schwer kranker Kinder brauchen Hilfe und Unterstützung, um ihr Gefühlschaos zu bewältigen!
Wie können Väter und Mütter mit der schwierigen Situation umgehen, damit sich ihre gesunden Kinder nicht ausgeschlossen und vernachlässigt fühlen? Ist ein Kind der Familie an Krebs erkrankt, so sollten Eltern seine Geschwister – natürlich dem Alter entsprechend und angemessen - darüber informieren und sie mit einbeziehen. Die Probleme von ihnen fernzuhalten und sie auszuschließen, um sie nicht mit der Krankheit ihres Bruders oder ihrer Schwester zu belasten, bringt überhaupt nichts, denn merken tun sie es trotzdem und Sorgen machen sie sich sowieso auch, wenn ihr Geschwisterkind an Krebs, einer chronischen oder sonstigen schweren Krankheit leidet. Dies war bereits in der Vergangenheit zu erkennen. Oft trauen Eltern ihren Kindern überhaupt nicht so viel „Wissen“ über die schweren Krankheiten und den „Ernst der Lage“ in solchen Fällen zu.Für Geschwister krebskranker und schwerkranker Kinder sind therapeutische Maßnahmen sehr hilfreich
Um dem Risiko psychischer Schäden bei Geschwistern eines schwer kranken Kindes vorzubeugen oder entgegenzuwirken, sollten Eltern sich informieren und evtl. therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Solche Einrichtungen, Maßnahmen und Angebote können den betroffenen Geschwisterkindern helfen ihre Probleme besser zu bewältigen und mit der extremen Belastung leichter umzugehen.Ob in einem Einzelgespräch mit einem Therapeuten, bei einem Gruppengespräch mit betroffenen Geschwisterkindern, Geschwistertreffen,… für Brüder und Schwestern schwer kranker Kinder ist es sehr hilfreich, wenn sie die Möglichkeit haben, über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen und sich mit etwa gleichaltrigen Kindern, die in derselben Situation sind, unterhalten und austauschen können. Durch den Kontakt und die Unterhaltung mit Leidensgenossen merken die betroffenen Kinder, dass sie mit ihren Problemen und Nöten nicht alleine sind, sondern dass noch viele andere in derselben Lage sind und die gleichen Gefühlsschwankungen durchleben.