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Schwierige Namen: Wirklich eine gute Idee?

© iStock, AnnettVauteck

Jedes Kind weiß, das Pippi Langstrumpfs Vorname lang und ziemlich schwierig ist: Pippilotta Viktualia Rullgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump heißt die weltbekannte Astrid-Lindgren-Romanfigur im schwedischen Original.

Im Vergleich zu anderen Vornamen ist dieser allerdings noch gar nichts – dabei sind einerseits die Länge und andererseits die gebotenen Artikulationsmöglichkeiten recht verwunderlich.

Viel zu lang …

Beispiele für schwierige Vornamen gibt es en masse. Die 1954 in Schweden geborene Eija-Riitta Eklöf-Berliner-Mauer heißt mit vollem Namen Eija-Riitta Wallis Winther Arja Nikki Lee Eklöf und hat Berühmtheit erlangt, weil sie als Erfinderin der "Objektsexualität" die Berliner Mauer geheiratet hat. Ebenso geprägt ist übrigens auch Erika La Tour Eiffel, die sich als Gattin des Pariser Eiffelturms als Aktivistin für die Belange der Objektsexuellen ins Zeug wirft.

Wenn auch politisch, doch nicht weniger engagiert ist der britische Parlamentsabgeordnete Tarquin Fin-tim-lin-bin-whin-bim-lim-bus-stop-F’tang-F’tang-Olé Biscuitbarrel, der sich zu Beginn der 1980er Jahre für die britische Official Monster Raving Loony Party (OMRLP) wählen lassen wollte.

Wohl auch seines Namens wegen war er ebenso erfolglos wie die Hawaiianerin Kawena?ulaokalaniahi?iakaikapoliopelekawahine?aihonuain?leilehuaapele, deren Name genau um einen Buchstaben zu lang für diverse US-amerikanische Führerscheine, Pässe und sonstige Identifikationskarten ist. Man hörte jetzt, Kawena?ulaokalaniahi?iakaikapoliopelekawahine?aihonuain?leilehuaapele hätte ihren Namen letztendlich des lieben Friedens willen in Mary Kawena Pukui umgewandelt. Heute soll sie in Neuseeland in der Nähe des Berges Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu wohnen …

Im schönen Hamburger Stadtteil Bergedorf allerdings war im Jahr 1904 der längste Vorname der Welt vergeben worden: Adolph Blaine Charles David Earl Frederick Gerald Hubert Irvin John Kenneth Lloyd Martin Nero Oliver Paul Quincy Randolph Sherman Thomas Uncas Victor William Xerxes Yancy Zeus Wolfe­schlegel­stein­hausen­berger­dorff­welche­vor­altern­waren­gewissen­haft­schafers­wessen­schafe­waren­wohl­gepflege­und­sorg­faltig­keit­be­schutzen­vor­an­greifen­durch­ihr­raub­gierig­feinde­welche­vor­altern­zwolf­hundert­tausend­jah­res­voran­die­er­scheinen­von­der­erste­erde­mensch­der­raum­schiff­genacht­mit­tung­stein­und­sieben­iridium­elek­trisch­motors­ge­brauch­licht­als­sein­ur­sprung­von­kraft­ge­start­sein­lange­fahrt­hin­zwischen­stern­artig­raum­auf­der­suchen­nach­bar­schaft­der­stern­welche­ge­habt­be­wohn­bar­planeten­kreise­drehen­sich­und­wo­hin­der­neue­rasse­von­ver­stand­ig­mensch­lich­keit­konnte­fort­pflanzen­und­sicher­freuen­an­lebens­lang­lich­freude­und­ru­he­mit­nicht­ein­furcht­vor­an­greifen­vor­anderer­intelligent­ge­schopfs­von­hin­zwischen­stern­art­ig­raum, Senior.

Der Mann residierte später im amerikanischen Philadelphia und niemand wird den Schwierigkeitsgrad dieses Vornamens infrage stellen wollen.

Viel zu schwierig …

Es geht das Gerücht, Jobcenter würden hinter bestimmten Vornamen Kennzeichnungen wie "vermittelbar" und "schwieriger Kandidat" anbringen. Der Wahrheitsgehalt dieser Behauptung ist schwer zu verifizieren, sicher ist aber, dass Kinder heute oft unkompliziert Lennart, Marvin, Chiara, Kevin, Leonie, Luna, Lara, Lea, Joshua, Levin, Nele, Kira, Luigi, Samantha, Charlotta, Tyler, Tyler oder Jamie heißen und ihrer häufigen Verbreitung wegen keinerlei Anlass für derlei Klassifizierung geben.

Diese Vornamen sind nicht schwierig – selbst wenn die Kleinen Bono Müller heißen, weil die Eltern U2 Fans sind, als Andreas-Andi zwei Großväter namens Andreas haben, als Kind erotikfilmliebender Hartz-4-Empfänger Rocco-Hartz Schulze benannt wurden und als Hosea-Rosa-Elisabeth eindeutig als Tochter einer alleinerziehenden Sozialpädagogin identifizierbar sind, sind ihre Vornamen nicht sonderlich kompliziert.

Heißen Kinder nach Ortschaften wie Chicago, London, Hintertupfingen oder Paris wird es bereits schwieriger; hart dagegen sind Benennungen nach dem Ort der Zeugung wie Strohsack Meier oder Besenkammer Müller.

Ganz schwierig …

Stehen Leistungssträger mit übermäßigem Ego vor der Qual der Vornamenswahl, haben die es diversen Prominenten ähnlich besonders schwer. Normale Namen sind für sie ein absolutes No-Go! Marie, Alexander, Sebastian oder Anna gelten als viel zu leicht zu schreiben und furchtbar unkreativ; Savannah, Cheyenne, Cedrik oder Samantha sind längst uncool – und deshalb müssen schwierige Vornamen her: Bluebell Madonna heißt die Tochter von Ex-Spice-Girl Geri Halliwell und Poppy Honey Rosie, Petal Blossom Rainbow, Daisy Boo Pamela sowie Buddy Bear Maurice sind Vornamen der Kinder von TV-Starkoch Jamie Oliver.

Nach blauem Efeu nannte Beyoncé ihre Tochter Blue Ivy, Sparrow James Midnight heißt Nicole Richies Sohn und Gwen Stevanis Sohn Zuma Nesta Rock wurde nach der großen Felsformation Zuma Rock am Malibu-Strand Zuma Beach benannt.

Aber Gwyneth Paltrows Tochter heißt einfach nur Apple – einerseits eine Hommage an den Gesundheitswahn der Mama und andererseits ein herzerfrischend simples Beispiel für Vornamen, die anders sind – aber nicht schwierig.

Das deutsche Namensrecht sieht bei Namen, die aus fremden Sprachräumen übernommen wurden, normalerweise die ursprüngliche ausländische Schreibweise vor. So muss ein René oder ein André einen Akzent auf dem e haben. Begründung: Nur durch diesen Akzent wird klar, wie der Name ausgesprochen wird (nicht Andre, sondern Andreeee).

Keine Regel ohne Ausnahme: Weil bei Desiree, die im Original Désirée geschrieben wird, durch die beiden "ee"s am Schluss klar ist, wie die Aussprache ist, kann der letzte – und auch der erste – Akzent weggelassen werden. Nicht erlaubt ist es allerdings, nach Lust und Laune einen Akzent zu setzen, nur um einem ungewöhnlichen Namen die Aussprache zu erleichtern. Beispiele: Marén, Michèl. Richtig wäre hier die Schreibweise Mareen bzw. Michelle.

In der früheren DDR waren Kindernamen, die aus Amerika oder Frankreich kamen, sehr beliebt. Um ihnen einen deutschen Anstrich zu geben, wurden sie so geschrieben, wie man sie aussprach: Aus Mike wurde Maik (oder Meik), aus Yvonne Ivonne oder aus Madeleine Madlen. Heute sind solche Schreibweisen eher unüblich, können sie doch bei Mitmenschen den Eindruck erwecken, die Eltern wären der Fremdsprache nicht mächtig.

Ähnliches gilt auf für Janet, im englischen Tschänett gesprochen, bzw. Jeannette, im französischen Schanett gesprochen, aber eben nicht umgekehrt.

Wie schreibt man das?

Während viele fremdsprachige Namen wie Jennifer, Vanessa, Kevin oder Justin inzwischen in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen sind, müssen sich manche Kinder wohl damit abfinden, Zeit ihres Lebens ihren Namen zu buchstabieren bzw. die Aussprache der geschriebenen Variante zu erklären. Ein Keanu ist im hawaiianischen kein Problem, auch in Amerika ist die Aussprache durch den Schauspieler Keanu Reeves kein Problem, in Deutschland wird die Frage "wie schreibt man das?" an der Tagesordnung sein.

Schwierig wird es im allgemeinen bei der Aussprache angloamerikanischer Namen, die über Jack, John, Mary oder Debby hinausgehen. Deutscht man Samantha ein und spricht sie Sa-man-ta oder bleibt es bei Sa-män-tha (mit dem berühmt-berüchtigten "th" = ti eitsch). Eins geht jedoch nicht: ein Mischmasch aus beiden Sprachen wie z. B. Sa-män-ta. Ähnliches gilt für Savannah oder Cheyenne.

Auch warum ein David mit Däjwid gerufen wird oder Patrick lieber Pätrick heißt, wird Zeitgenossen mit Sprachgefühl ein Dorn im Auge sein. Noch dazu, wenn ein urdeutscher Nachname folgt.

Deshalb sollten sich Eltern bei der Namenswahl gut überlegen, ob der außergewöhnliche Name das Kind wirklich positiv aus der Masse hervorhebt oder nicht doch eher stigmatisiert (siehe die diversen Abhandlungen über das Phänomen "Kevinismus" bzw. "Chantalismus" im Internet). Dass die Diskussion über Vornamen nicht rational, sondern emotional geführt wird, erleben viele werdenden Eltern im Bekannten- oder Verwandtenkreis.

Oft ist an den Anmerkungen etwas wahres dran und sie sollten nicht unbedacht zur Seite gewischt werden. Und oft liegt die Uroma mit ihrem Urteil näher an den eigenen Wünschen als die Mutter. Zeigt doch ein Blick auf die Vornamen Hitlisten der letzten Jahre, dass Paul, Emma, Maximilian oder Maria wieder aktuell sind. Ein Unding, denkt man an die 1960er und 70er zurück, in denen viele der heutzutage nach Namen suchenden Eltern geboren wurden. Gut möglich also, dass Dieter oder Bärbel, Gustav oder Margarethe in 10 bis 20 Jahren wieder in Geburtsanzeigen auftauchen.


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