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Vornamen nach Bedeutung

Von den ersten, oft martialisch geprägten Vornamen der Germanenzeit über die Namen der Römer im sonnigen Süden, die biblischen Vornamen des grauen Mittelalters sowie die reformatorisch, humanistisch, übertrieben national und später romanisch und anglofon beeinflussten Namen – die Welt der Vornamen ist groß, bunt, eigenartig und bedeutungsschwer.

Gerade deshalb war es schier unbegreiflich, warum meine Mutter auf die ruhmreiche Idee kam, meinen Schulranzen mit einem goldig glänzenden Namensschild zu dekorieren, um das Alleinstellungsmerkmal meines Tornisters festzumachen. Damals schlug eine der seltenen Sternstunden meiner mehr oder weniger lesefreudigen Mitschüler.

"Elisabeth Schulze" prangte auf dem Goldschild – und es musste nicht viel Zeit ins Land gehen, bis die ABC-Schützin "Queen Elizabeth" oder kurz "de Queen" zum Gespött des Schulhofs mutierte. Eigenartige Geistesblitze bemächtigten sich meiner Mitschülerinnen und Mitschüler - besonders die Jungs interessierten sich dafür, wo denn gerade mein Zepter sei oder meine Krone liegt.

So reagierte auch meine Kinderseele damals empfindsam und ich sehnte mich nach dem Eintauchen in die große Masse der Stephanies, Anjas oder Claudias.

Defätistisch jammerte ich damals: "Warum heiße ich nicht einfach Andrea, Katrin oder Tanja?" – und hoffte auf ein plötzliches Wunder.

Ein Name gehört lebenslang zu seiner Trägerin oder seinem Träger und meine Eltern zeigten keinerlei Neigung zur Veränderung ihres in meinen Augen furchtbaren Fehlers. Auch der wohlgemeinte Hinweis, dass mein Vorname "mein Gott ist Fülle" oder "die Gott verehrt" bedeutet und außerdem Assoziationen zu britischem Königtum aufkommen könnten, stimmten mich derzeit gar nicht versöhnlich.

So bin ich heute eine krumme Eiche, denn ich trug meinen Ranzen niemals auf meinem Rücken – vielmehr schleifte ich ihn verächtlich über den Boden, damit keiner das Goldschild sehen konnte. Es sollten viele Jahre vergehen, bis ich die Elisabeth versöhnt annehmen konnte. Dabei sind die Wirkungen des Mainstreams nicht zu verleugnen.


Dem Kind einen Namen geben

Eltern erinnern sich in der Begeisterung der Geburtswehen scheinbar nicht mehr an eigene kindliche Erfahrungen. Sonst würden sie in Verkennung der immensen Bedeutung des Vornamens für die Heranwachsenden nicht Vornamen für ihren Nachwuchs aussuchen, bei denen allfällige Zuhörer unentwegt nachfragen und anschließend immer noch ziemlich verständnislos aus der Wäsche gucken.

  • Denn was wird einmal aus Shanice, Shakira, Cindy, Zamantha, Chayenne und Schermain, die gerade die Schulen in unseren Ballungsgebieten freudig verlassen?
  • Werden sie sich später mit Jimmy Blue, Caglar, Lee Oswald, Wilson Gonzalez oder Tammo paaren und die gemeinsamen Sprösslinge nach angesagten Internet-Spielfiguren benennen?
  • Haben die Kleinen dann jemals die geringste Chance, in Kindergarten oder Schule nicht gehänselt zu werden?
  • Und was ist mit Oma und Opa - können die wenigstens die Vornamen richtig aussprechen, anstatt erst einmal Spickzettel anzulegen, für den Fall, die Vornamen der Enkel werden erfragt?

 

Schon immer spiegeln die Vornamen Trends und Moden sowie Wellen des nationalen Bewusstseins und Medienabbilder: In grauer Vorzeit nannten die Vorväter ihre Brut Kunigunde, Johann oder Adelheid. Kaisertreue bevorzugten weiland Franz-Josef, Wilhelm oder Eitel-Egbert. Später wurden Eva, Hermann oder gar Adolf genommen bis gottseidank Marina, Adriane, Bianca oder Camillo quasi über den Brenner kamen.

Angefangen mit der Italowelle der 1960er Jahre griff eine Europäisierung um sich – John, Chantal, Kevin, Mike und Roger waren die Folgen, bis die womöglich vom kräftigen Schwedenpunsch aufgeputschte Generation IKEA selbstständig Birte, Inga, Lars, Jens, Gunnar, Kirsten und Björn produzierten.

Allerdings: Ob romanisch, monarchisch oder skandinavisch – diese Vornamen entsprechen dem jeweils vorherrschenden Zeitgeschmack. Aber wenn es um Bedeutungen und Inhalte geht, wird es weitaus interessanter.


Mandy, Liebling!

Längst ist nicht mehr lediglich der esoterisch angehauchter Multikulti auf der Suche nach einem besonders bedeutungsschweren Vornamen für seinen Sprössling. Breite Volksmassen interessieren sich bei ihren Recherchen nicht mehr nur für alle Modetrends – abseits des Mainstream sind sie sich bewusst:


Nomen bleibt Omen!

Dabei ist der ganz besondere und sehr bedeutsame Vorname nicht selten scheinbar der größte Wert, den Eltern ihren Sprösslingen mitgeben können – und dieser Vorname soll auch ein wichtiges Sprungbrett sein. Eine Aura großer Erfolge, eine besondere Attitüde, ein leiser Hauch Einzigartigkeit - er soll den Kindchen mal ein gutes Startkapital sein.


Viele suchende Eltern sind dabei ganz besonders froh, dass es Vornamenlisten nach Bedeutung gibt!

Denn ganz klar ist: Ein Vorname sagt meist mehr als tausend Worte.

Ob bei den Inuit auf Grönland, Berbern und Tuareg in Nordwestafrika oder den indischen Adivasi - in vielen Kulturkreisen unserer Erde wird den Bedeutungen der Vornahmen ungleich höhere Beachtung geschenkt, als in unserer doch von den diversen Modewellen gekennzeichneten Welt.

Da beinhalten sie oft Wünsche und Segnungen – wie der schöne Vorname Mandy (!), der eine Kurzform von Amanda ist. Amanda ist lateinischen Ursprungs und kommt von amare = lieben. Deshalb ist Mandy "die Liebenswerte".


Von Popstars, Leistungsträgern und Winnetou

Manche Vornamen zeugen vom besonderen christlichen Hintergrund, andere wiederum von dem auf allfällige Trends orientierten jeweiligen Elternhaus, bei dem durchaus eine gewisse Oberflächlichkeit dominiert. Während diese Eltern bei ihrer Namenssuche vom Graupelputz der Popstars und Filmsternchen partizipieren, sucht die andere Hälfte unserer Klassengesellschaft nach Vornamen für "Leistungsträger", die sich von den genannten Modenamen abgrenzen: Klassische Vornamen wie Friedrich, Alexander, Charlotte und - ja, auch Elisabeth - werden in Zukunft auf Gymnasien vorherrschen, derweil die anderen mit den TV- und Filmstarnamen über die Höfe unserer Hauptschulen schwadronieren.

Nicht zuletzt gibt es schon immer die „Protestler“: So nannte der Schriftsteller Carl Zuckmayer einst sein Töchterchen Winnetou – ein Zeichen uneingeschränkter Solidarität mit dem dereinst unter starkem Kritikfeuer stehenden Abenteuerschriftsteller Karl May.

Im Vergleich zur Winnetou fällt die Ableitung bei Caglar oder Schermain später mal ungleich schwerer. Schermains Mama beispielsweise war ganz fasziniert von einer Bill-Cosby-Vorabendserie, in der eine attraktive Dame dieses Namens auftrat und die Schreibweise entnahm sie dann einer kunterbunten Fanseite im weltweiten Netz ... Egal, wie die Modenamen lauten, über die möglichen Seelenschmerzen der von so modischen Vornamen gekennzeichneten Zeitgeistkinder kann man bis dato nur Spekulationen anstellen.

Ich für mein Teil heiße heute gern Elisabeth und schicke Mutter und Vater ein inniges Dankeschön in die ewigen Jagdgründe, weil sie mich eigentlich doch nicht so stark leiden ließen.


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